Unter den Straßen von Corrinis

Wir waren bereits eine Weile hier. Nur halbherzig hatten wir die Zelle abgesucht oder zumindest die Bereiche, an die wir mit der kurzen Fußfessel kamen. Nicola sinnierte, ob er gewisse Zaubersprüche einsetzen könnte, um uns im Zweifelsfall hieraus zu befreien. Doch ob das funktionieren würde oder nicht – würde uns eine Flucht wirklich weiterhelfen? Unser gesamter Besitz war in Gewahrsam, die Stadtwache dürfte zu nicht geringen Teilen unsere Gesichter kennen und schlussendlich würden wir nie wieder einen Fuß nach Corrinis setzen können.
Doch all unsere Überlegungen spielten ohnehin keine Rolle mehr, als plötzlich ein Mann an unsere Kerkertür kam und sie aufschloss. Er wirkte bereits etwas gesetzter, besaß einen dichten braunen Bart und vor allem: er trug die Kleidung einer Stadtwache.
„Ich hole euch hier heraus. Sagt einfach Nichts und folgt mir“, sagte er hastig.
„Wer seid Ihr überhaupt?“, fragte ich dennoch – denn die plötzliche „Befreiung“ kam mir mehr als merkwürdig vor. Doch eine Antwort erhielt ich nicht und so blieb mir wenig übrig, außer dem seltsamen Mann und meinen Begleitern aus der Zelle zu folgen. Wir gingen bis in den Raum, wo sich die eigentlichen Kerkerwächter befanden: allesamt im Tiefschlaf oder bewusstlos am Boden. Zweifelsohne war hier Zauberei im Einsatz gewesen und ein weiteres Mal blickte ich argwöhnisch zu unserem „Retter“.
„Zieh euch ihre Kleidung an, damit ihr nicht auffallt“, forderte er uns nun auf. Kommentarlos folgten wir der Aufforderung und fanden einigermaßen passende Ausstattung bei den Bewusstlosen, allerdings stellte Ricardo die Frage: „Was ist mit unseren Sachen?“
„Das wird sich finden. Folgt mir jetzt“, blieb der Mann uns weiterhin jede Erklärung schuldig, betätigte aber irgendeine Art Geheimschalter. Ein Tunnel öffnete sich in einer Wand und wir huschten schnell hindurch. Er war niedrig und eng, doch nicht allzu lang…

Und plötzlich standen wir auf dem Kai von Corrinis. Unser „Retter“ schritt weiter voran und schwang sich in ein naheliegendes Ruderboot. Achselzuckend folgten wir – auch wenn ich einen kurzen Blick zurück zur Stadt warf und mich fragte, was gerade aus Maglos werden würde. Nun, ich musste hoffen, dass alles hier gut ausging. Wir ruderten und der Mann steuerte uns hinaus in die Bucht: einem kleinen Segler entgegen, der sicher vertäut etwas abseits lag.
„Jetzt sollten wir darüber reden, wer Ihr überhaupt seid“, forderte ich den schweigsamen Gesellen ein weiteres Mal zur Erklärung auf.
„Lasst uns erst an Bord des Schiffes gehen.“
„Damit wir von dort aus als Sklaven verkauft werden können?“, zischte Miyako, ebenfalls deutlich ungehalten. Ich warf indes einen Blick zurück auf die Stadt und schätzte ab, ob man den Weg zurück schwimmen könnte. Unmöglich wäre es sicher nicht, allerdings … was würde es bringen? Nun hingen wir noch stärker zwischen zwei Welten, als das vor unserer Flucht der Fall gewesen war.
Doch schlussendlich ergaben wir uns unserem Schicksal und folgten dem Mann an Bord seines Schiffes, wo bereits zehn gerüstete Soldaten warteten. Sie würdigten uns kaum eines Blickes und wir gingen weiter, immer weiter unserem „Retter“ nach. Bis wir in seine Kajüte kamen, wo er die Tür sorgfältig hinter uns verschloss. Er wies mit der Hand in eine Ecke des Raumes, wo wir unsere Waffen, Rüstungen und alle weiteren Sachen fanden! Doch lange erfreuten wir uns dessen nicht, als er mit der Hand nach seinem Kopf griff und sein Gesicht abnahm.

Beinah wäre ich erschrocken zusammen gefahren, so plötzlich und unerwartet hielt unser Gegenüber plötzlich die Haut eines mittelalten Veteranen mit dichtem, braunen Bart in der Hand, während er sein eigenes durchaus aristokratisches Antlitz offenbarte. Schwarzgraue Haare, bereits leicht vom Alter gezeichnete Züge und vor allem eines: Miyako und mir vertraut. Dies war der Kanzler Gran Dorwellan, der tot in seinem Bett gelegen hatte!
„Seid mir nun, da wir für uns sind, gegrüßt und entschuldigt die unklaren Umstände. Ich bin der Kanzler Gran Dorwellan, für dessen Mord ihr verantwortlich gemacht werden solltet“, stellte er sich uns nun vor, sodass auch Ricardo und Nicola nicht mehr im Unklaren waren.
„Wir haben Eure Leiche gesehen“, brachte ich vor.
„Eine notwendige Täuschung“, nickte der Kanzler. „Allerdings beginne ich am besten mit dem Anfang dieser Geschichte, damit ihr versteht in welchen Problemen wir hier stecken.“
Wir nickten und setzten uns auf beistehende Hocker während Dorwellan hinter einem Schreibtisch Platz nahm.

„Vor einigen Tagen erhielt ich eine Nachricht aus vertrauenswürdiger Quelle: mein Tod wurde geplant“, begann Gran Dorwellan. „Zugegebenermaßen ist dies ein stetes Risiko der hohen Politik. Diesmal schien es jedoch so, als würden die Feinde in meinem Rücken sitzen: genauer gesagt in der Burg. Also gab es nur einen Mann, dem ich mich anvertrauen konnte. Mein Baron Bogardin MacAelfin hätte leichtere Möglichkeiten, seinen Kanzler loszuwerden und so ersannen wir beide gemeinsam einen Plan, die Attentäter zu täuschen. Wir verschafften uns einen Leichnam, den wir mit Magie tarnen konnten: als mich – und dieser Leichnam wurde von dem gedungenen Meuchelmörder noch einmal getötet, kurz bevor ihr in mein Gemach eindrangt. Ihr indes wurdet benutzt um als Sündenböcke für meinen Tod zu dienen.“
Gran Dorwellan machte eine kurze Pause, während er uns musterte: „Ich weiß natürlich, dass keinen von euch irgendeine Schuld trifft. In dem Plan, der mir zugespielt wurde, war bereits die Rede davon, dass man ein paar Abenteurer täuschen wolle, indem man mir einen Umsturzversuch vorwarf – den in Wirklichkeit sie ausheckten. Darum haben wir euch befreit. Wachhauptmann Sengard war uns dabei eine große Hilfe. Er ist dem Baron und mir treu ergeben und wird in den nächsten Tagen versuchen, die Ermittlungen in Bezug auf eure Gesichter zu verzögern.“
„Ist ‚euer‘ Leichnam sicher vor einer Entdeckung?“, fragte ich.
„Ich habe gewartet, bis er in die Gruft gebracht wurde und meine Maske wieder an mich genommen. Es sollte einige Zeit dauern, bis die Täuschung auffliegt.“
„Wenngleich die Verschwörer wohl nicht so leicht zu täuschen sind?“
„Das steht zu befürchten. Wir wissen nicht mit wem oder wie vielen wir es zu tun haben oder welche Fähigkeiten sie besitzen. Sicher ist nur, dass Verräter aus unseren eigenen Reihen dabei sind. Weswegen ich um eure Hilfe bitte – helft dem Baron und mir diese Verschwörung zu beenden und Corrinis zu retten.“
„Und wenn wir einfach gehen wollen? Ich versuche stets, mich aus solchen politischen Ränken herauszuhalten. Was eine Einmischung bringt, habe ich ja heute Nacht wieder einmal bewiesen bekommen“, brummte Nicola.
„Euch steht es natürlich frei zu gehen. Ein Ruderboot kann euch sicher abseits von Corrinis absetzen. Allerdings muss ich euch die Dringlichkeit dieser Sache vor Augen halten: solange die Verschwörer in der Stadt sind, ist es für Niemanden sicher dort – im Besonderen für euch.“
„Diese Menschen haben uns belogen und betrogen. Nicht nur das, sie haben einen Mord geplant und wer weiß wie viele noch“, sagte ich bestimmt. „Ich mische mich ebenfalls ungern in Politik ein, aber diesmal hat sie uns bereits voll erfasst.“
„Wie sieht es denn mit einer Belohnung für unsere Hilfe aus?“, wickelte Miyako die Sache von einer anderen Seite her auf.
„Ich bin gerne bereit jedem von euch einen stattlichen Goldbetrag zu übergeben, wenn ihr uns helfen könnt, das Versteck dieser Verschwörer zu finden. Eintausend pro Person“, sicherte uns Gran Dorwellan sofort zu. Nicht, dass wir derzeit in besonderen Geldnöten wären, dachte ich mir. Doch es schien die Geister meiner Freunde williger zu stimmen.
„Außerdem die Ehrenbürgerschaft in der Stadt Corrinis?“, hakte Nicola nach.
„Ich denke, da ließe sich sicher etwas machen, sobald ich wieder in meine Position zurückgekehrt bin. Mit Sicherheit werdet ihr euch einer solchen Belobigung würdig erweisen.“
„Dann sind wir dabei“, stimmten wir nacheinander alle dem Angebot zu. Anschließend fuhr ich fort: „Welche Informationen könnt Ihr uns geben? Anhaltspunkte und des Weiteren?“
„Ein vertrauenswürdiger Kontakt vermittelte mir, dass sich das Versteck der Verschwörer unter einem corrinischen Gasthaus befände.“
„Unter der Erde?“
„Tatsächlich. Wir wissen leider nicht genau, welches Gasthaus es sein könnte. Ich kann euch aber gerne eine Liste sämtlicher entsprechender Örtlichkeiten geben.“
„Die werden wir kaum einfach abklappern können. Immerhin kennen durchaus einige Stadtwachen unsere Gesichter“, äußerte ich skeptisch.
„Wachhauptmann Sengard wird die Ermittlungen verzögern. Das wird seine Männer zügeln, irgendwelche Festnahmen durchzuführen.“
„Die Verschwörer wird es aber kaum zügeln – und auch sie kennen unsere Gesichter, alle voran der Hilfsvogt Feylan Alcared“, meinte Miyako.
„Dann hoffen wir, dass sie einen Fehler machen, der sie offenbart.“

Und plötzlich war es klar – warum wir helfen sollten. Und warum wir nicht vonseiten des Kanzlers gewarnt wurden, als er bereits wusste, dass Unschuldige mithineingezogen werden sollten. Wir sollten von Anfang an die Lockvögel spielen. So viel zur Unbescholtenheit des Mannes vor uns.
Wenngleich diese Beobachtungen nicht sonderlich weit führten in der Welt der Menschen. Die Verschwörer schienen schlimmer zu sein und was half es, tatenlos vor dem kleineren und dem größeren Übel zu verharren.

„Könnten wir dann wenigstens Eure Maske haben? Sie könnte von großem Nutzen für etwaige Nachforschungen sein“, schlug plötzlich Ricardo vor. Und während ich noch dachte, Gran Dorwellan würde sicherlich Nichts dergleichen tun, runzelte der Kanzler einen Moment die Stirn, dann überreichte er dem Küstenstaatler das mächtige Artefakt.
„Es funktioniert aber nur, wenn Ihr euch auf ein Gesicht konzentriert, das Ihr gut kennt. Ihr imitiert aber weder dessen Körper noch seine Stimme. Setzt sie also mit Bedacht ein“, erklärte er, ehe er in einer Tasche kramte und einen weißen Ring hervorholte. „Dieses Artefakt könnte ebenfalls von Nutzen für euch sein. Es warnt den Träger, falls sich euch jemand nähert, der daran denkt, euch in diesem Moment zu töten. Ihr dürft den Ring auch gerne behalten, solltet Ihr diese Verschwörer erwischen.“
Dankbar nahm Ricardo vorerst beide magischen Gegenstände an sich.
„Ihr spracht davon, dass Sengard die Ermittlungen verzögern kann. Wie lange glaubt Ihr?“, fragte Miyako nun weiter.
„Ich schätze, etwa drei Tage. Vor allem drei Nächte, was eure Ermittlungen anbelangt.“

Sodann – das war alles, was wir vorerst an Informationen hatten. Es war nicht viel, doch es musste reichen. Vor allem aber beschlossen wir, etwas zu schlafen, um dann am Abend in die Stadt zu rudern. Bei Dunkelheit hätten wir zumindest etwas mehr Schutz davor, erkannt zu werden. Und die Verschwörer würden sich womöglich eher aus ihrem Versteck wagen, wenn ihre alltäglichen Scheinarbeiten getan waren.

Bereits gegen Mittag veränderte sich die Lage aber noch einmal. Wir wurden aus unserem leichten Schlaf geweckt und gingen in die Kajüte Gran Dorwellans, der wieder an seinem Schreibtisch saß. Nachdenklich rieb er sich das Kinn.
„Einer unserer Informanten konnte uns weitere Neuigkeiten sichern“, sagte er sobald wir die Tür geschlossen hatten.
„Um was geht es?“
„Auf dem Marktplatz außerhalb der Stadtmauern ist in der Nacht ein Mann verwundet zusammengebrochen und gestorben. Ein Burgtor führt über eine Brücke direkt auf den Platz, es könnte also gut sein, dass dieser Mann in der Burg unterwegs gewesen war. Er hat noch vor seinem Tod einem Bürger eine Nachricht anvertraut: ‚Ernach hat seine Pflicht getan. Er starb durch neuen Freundes Klinge.‘ Diese Botschaft sollte dem Xan-Priester des Tempels überbracht werden.“
„Wer ist das? Und sagt Euch der Name Ernach etwas?“, fragte Miyako.
„Der genannte Xan-Priester heißt Malaric und ist gleichzeitig das Tempeloberhaupt. Dass er eine solche Nachricht empfangen soll, macht ihn …“
„Verdächtig“, fasste es die KanThai kurz und Kanzler Dorwellan nickte. Und mich wunderte es kaum, dass natürlich wieder ein Mitglied einer menschlichen Glaubensgemeinschaft verbrecherische Ränke schmiedete.
Dann fuhr der Kanzler fort: „Den Namen Ernach habe ich allerdings noch nie gehört. Auch wer ‚neuen Freundes Klinge‘ sein soll oder wer ein neuer Freund von wem ist mir unbekannt.“
„Dann könnten wir eines versuchen: einer von uns verkleidet sich mithilfe der Maske und überbringt diese Botschaft Malaric. Womöglich verrät seine Reaktion bereits etwas“, schlug ich vor – wohlweißlich, dass ich diese Aufgabe wohl kaum selbst erledigen könnte. Zum einen sprach ich immer noch kein Albisch und zum anderen konnte ich aus Menschen nahezu Nichts herauslesen. Doch Miyako nickte nachdenklich und auch Ricardo zeigte sich von der Idee einer Verkleidung recht angetan.

Mit diesem Plan beschlossen wir nun bereits am Nachmittag die Stadt zu betreten, um noch einen Besuch beim Tempel zu ermöglichen. Mit dem Ruderboot fuhren wir zurück an den Kai und gingen zügigen, aber nicht zu schnellen Schritts zwischen die Häuser von Corrinis. Da kam mir noch eine Idee, die wir in einer Seitengasse besprachen.
„Wie wäre es, wenn sich einer von uns als Hilfsvogt ausgäbe? Er könnte derjenige sein, der zum Tempel geht und dann mit Malaric spricht. Dann könnte er fragen, ob die Botschaft angekommen sei. Vielleicht offenbart der Priester dann vielmehr, als beim Klang der Nachricht an sich.“
„Ich könnte das übernehmen. Meine Statur passt am ehesten“, schlug Ricardo vor.
„Dann brauchst du aber noch passende Kleidung“, merkte Nicola an.
„Ah, sehr gut. Ich kenne mich ja schon mit den Schneidern hier aus, da kann ich mir ein feines Gewand organisieren. Dann trete ich als Hilfsvogt Feylan Alcared auf – Vorhang auf!“
„Wir anderen sollten die Zeit nutzen, um Gasthäuser zu beschatten. Vielleicht sehen wir ja bereits den Hilfsvogt oder den Xan-Priester irgendwo einkehren“, schlug Miyako vor.
„Die ‚Königliche Hoheit‘ halte ich für einen guten Ansatz. Immerhin wollte sich Feylan dort mit uns treffen“, schlug ich vor.
„Oder sie ist genau deshalb auszuschließen“, überlegte die KanThai. „Aber ja, lass uns das versuchen. Gehen wir zwei dort hin.“
„Ich gehe dann mit Ricardo“, sagte Nicola Santoro. „Ich warte vor dem Tempel, vielleicht brauchst du unerwartet eine Art Ablenkung. Mal sehen, vielleicht schaue ich auch nur.“
Das schien uns allen ein erster Ansatz und Miyako schloss unsere Überlegungen ab: „Wenn ihr fertig sein solltet und uns nicht mehr in der Nähe der ‚Königlichen Hoheit‘ antrefft oder wir uns anderweitig verlieren: etwas außerhalb der Stadt gibt es eine Wegkreuzung. Lasst uns diese als Treffpunkt festhalten; von dort ist es recht weit bis zum nächsten Hof und erst recht bis zu den Ställen am Stadtrand.“

Wir nickten und dann brachen wir in Paaren auf. Nicola und Ricardo zunächst zu einem Schneider ihres Vertrauens, Miyako und ich raus aus den Stadtmauern, über eine Brücke und dann standen wir bereits vor dem Gasthaus „Zur Königlichen Hoheit“. Eine Gasse in der Nähe bot uns etwas Schutz und so begaben wir uns in die Schatten mit einem guten Blick auf die Tür. Zwei Jäger und doch aus anderen Metiers.

Leichter Regen setzte ein. Der Himmel zog sich zu und das albische Grau warf einen Mantel über die triste Stadt. Doch ein Gasthaus widersetzte sich dem naturgemäß, wie es ein Fels in der Brandung tat. Barden gingen ein und aus, dazu weitere Gestalten – mal mehr, mal weniger betrunken. Es war wie ein Rhythmus, als würde immer wieder und wieder dasselbe passieren. Die Zeit verging in diesem kreiselnden Ablauf. Jäger hatten Geduld, doch damals im Broceliande hatte ich das noch auf die Spitze getrieben. Ich erinnere mich, wie ich tagelang auf einer Lichtung verharrte. Regen war mir über das Gesicht gelaufen, der Wind hatte an meinen Kleidern gezerrt und Tiere waren um mich herumgeschlichen. Und ich hatte nur dagestanden und die Dinge beobachtet, die um mich herum zu tanzen schienen. Im immer gleichen Rhythmus.

Plötzlich fuhr sich Miyako mit der Hand übers Gesicht. Verdutzt blickte ich sie an, beim Gasthaus hatte sich Nichts getan. Sie sah zu mir zurück und stöhnte auf: „Wir haben etwas vergessen.“
„Was?“, fragte ich schockiert. „Sind die anderen in Gefahr?“
„Ricardo kann Feylan Alcared gar nicht verkörpern.“
„Warum nicht?“
„Er spricht kein Albisch.“
Und zum zweiten Mal innerhalb sehr kurzer Zeit hinterfragte ich ernsthaft meinen gesunden Verstand.
„Nun, er wird es wohl rechtzeitig gemerkt haben“, brummte ich.
„Hoffentlich. Aber was die zwei wohl jetzt machen?“

Und just in diesem Moment lief jemand an unserem Versteck vorbei, der uns gut bekannt war, auch wenn er dennoch unerwartet war: er hatte feine aber auch ebenmäßige Gesichtszüge, langes, eher dunkelblondes Haar und brauen Augen. Spitze Ohren rundeten das Bild ab. Gerade lief Ilfarin Tinuhên an Ilfarin Tinuhên vorbei.
„Das ist er wohl“, murmelte ich.
„Was hat er vor?! Besser, ich folge ihm.“
„Ich warte hier. Vielleicht kommt ja gleich noch Nicola vorbei oder jemand will ins Gasthaus.“

Miyako nickte und huschte dann los. Und einen Moment später fiel mir ein, dass wir vier nun beinah vollständig allein durch die Straßen von Corrinis liefen. Eine Situation, die man vielleicht doch hätte vermeiden sollen.
Und nun verging die Zeit quälend langsam. Keiner der anderen ließ sich blicken und schließlich verließ ich eine Stunde vor Mitternacht meine dunkle Gasse. Die Straßen entlang konnte ich kein vertrautes Gesicht ausmachen und so beschloss ich zunächst eine Sache sicherzustellen, ehe ich den gemeinsamen Treffpunkt ansteuerte.
Ich ging zurück zu unserem Gasthaus, wo ich auf meinem Zimmer einen getreuen, wenn auch etwas verstörten Hund wiederfand. Maglos bellte mich verdientermaßen an als ich wiederkam. Doch nachdem ich ihn etwas gestreichelt und gefüttert hatte, beruhigte er sich. Leider konnte ich ihn nicht auf unsere weiteren Erkundungen nehmen. Ich überlegte etwas hin und her, dann ging ich mit Maglos eine Straße weiter und klopfte an der Tür von Caileass MacBeorn. Er öffnete recht bald und blickte mich aus schon etwas verschlafenen Augen an: „Was ist los?“
„Caileass, ich stecke leider in Schwierigkeiten“, fasste ich mich kurz. „Kannst du, bis ich das geklärt habe, auf Maglos aufpassen?“
„Was? Ach … ja, ist gut“, brummte der Albai – so überrumpelt wie er war, hatte er kaum eine Wahl. Sogleich huschte der Hochlandcollie in seine Behausung und ich eilte davon. Wenigstens hatte ich keinen Alkohol gerochen. Womöglich würde der Hund meinem alten Freund sogar gut tun; ihm das Gefühl verdeutlichen, dass immer jemand da ist, der einen braucht.

Mein Weg führte mich in der Nähe der Ställe vorbei, wo wir unsere Pferde untergebracht hatten. Noch etwas weiter und ich ließ die letzten Häuser von Corrinis hinter mir. Etwa hundert Meter abseits der vereinzelten Lichter war die besagte Kreuzung, die ich menschenleer vorfand. Doch lange musste ich nicht warten, da traf Nicola ein.
„Guten Abend, Ilfarin. Sprachbarrieren sind schon etwas Faszinierendes, nicht wahr?“, meinte er.
„Manchmal bedenkt man alles Mögliche und vergisst das Offensichtliche“, und mehr fiel mir dazu nicht ein. „Was habt ihr statt unserem eigentlichen Plan gemacht?“
„Wir haben die Ausgänge der Burg beschattet. Ricardo war bei jenem in die Stadt hinein, ich bei der Brücke zum außerhalb gelegenen Marktplatz. Allerdings ist bis jetzt weder Feylan Alcared noch irgendein anderer, zufällig verdächtig aussehender Mann vorbeigekommen. Da habe ich nach Ricardo gesehen und der war fort – also bin ich hierhergekommen. Was gab es bei der ‚Königlichen Hoheit‘?“
„Nicht viel. Irgendwann ist Ricardo in meiner Gestalt vorbeigelaufen … Miyako ist ihm gefolgt, während ich weiter das Gasthaus beobachtet habe. Allerdings ist da Nichts mehr passiert, deswegen bin ich auch hierhergekommen.“
„Dann bin ich mal gespannt, was die beiden Turteltäubchen zu erzählen haben“, grinste Nicola.

Seinen schelmischen Gedanken konnte er jedoch nicht mehr lange verfolgen, denn wenig später kam Miyako auch zu uns.
„Ich habe Ricardo bis zum Gasthaus ‚Sherlocks Speer‘ verfolgt. Er hat bis dahin einen Mann verfolgt. Allerdings ist unser Verwandlungskünstler nicht mehr herausgekommen – der Verfolgte allerdings schon. Diesem bin ich noch bis zum ‚Hüpfenden Herzen‘ gefolgt. Er hat sich dort mit zwei anderen getroffen. Ich habe mein Bestes getan, sie zu belauschen … doch irgendwie klang es auf seltsame Weise nach einem Alltagsgespräch. Es war schon fast zu belanglos.“
Der unausgesprochene Verdacht blieb in der Luft: Magie? Doch alle Überlegungen waren müßig, bis Ricardo auftauchte und erklärte, warum er den Mann überhaupt verfolgt hatte. Und dazu, wo er eigentlich verblieben war. Etwas betreten sahen wir uns an, während es Minute um Minute dauerte, bis …

Und da war er endlich: mit gerötetem Gesicht. Seinem eigenen Gesicht!
„Abend“, keuchte er. „Das war knapp.“
„Was ist da drin passiert?“, fragte ich sofort nach und nachdem der Küstenstaatler etwas geschnauft hatte, begann er von seinem kleinen Abenteuer zu berichten:
„Ich habe am Eingang zur Burg Wache gestanden, als mir diese seltsame Gestalt aufgefallen ist. Ein Mann, der mir verdächtig schien und dem ich aus meinem natürlich-unfehlbaren Gespür für ruchlose Verschwörer als gefährliche Person erkannte. Daher bin ich ihm bis zum Gasthaus Sherlocks Speer gefolgt. Dort war er einen Moment in einem Hinterzimmer verschwunden. Klug wie ich nun mal bin, habe ich mir ein Zimmer gemietet und bin anschließend unauffällig in seine Bleibe gehuscht, sobald er verschwunden war. Das Bett sah unbenutzt aus und die Kleiderschränke waren leer. Da konnte etwas nicht stimmen und sah habe ich gesucht – und gefunden! Es gab einen Geheimmechanismus, der das Bett wegklappen ließ und eine Treppe offenlegte. Voller Mut bin ich hinabgestiegen und habe versucht, so viel wie möglich über dieses seltsame unterirdische Versteck herauszufinden.
Es muss sich um eine äußerst große Anlage handeln, denn ich fand nach der langen Treppe einen Korridor vor, von dem ein gutes Dutzend Türen abgingen. Das Holz der Balken und der weiteren Ausstattung war fein abgeschliffen und verziert, dazu lag ein Teppich aus und Brokatvorhänge waren an den Wänden angebracht. Eine unfassbar verschwenderische Ausstattung für einen tristen Unterschlupf!
Doch mein Eindringen blieb nicht unbemerkt – der Ring des Kanzlers warnte mich gerade rechtzeitig, als sich zwei Wächter anschlichen und meinen Tod wollten. Ich wandte mich um, kaum dass ich das Ende des Korridors erreicht hatte, und zückte mein Florett. Das war ein Kampf! Die beiden waren meisterhafte Assassinen! Und gleichzeitig Meister der Zauberei, ja Meister der Kombination aus beiden Kampfvariationen – sie fochten mit brennenden Klingen und ich sah keine Seele in ihren schwarzen Augen aufblitzen. Es fällt mir schwer zu sagen, ob es überhaupt noch Menschen waren oder ob sie ihre dämonischen Pakte…“
„Ricardo“, unterbrach Miyako.
„Ja?“
„Wir haben ‚verstanden‘.“
„Oh“, machte der Küstenstaatler. „Nun ja, ich habe die beiden überwunden und getötet. Anschließend konnte ich mich noch etwas freier durch das unterirdische Versteck bewegen – in meiner höchsten Schläue legte ich mir nämlich die Gewandung eines dieser … Erzmagiermeisterassassinen an. So blieb ich selbst unbemerkt, als ich einen Schreiber bei seiner Arbeit störte. Doch das Wichtigste und Weltbewegendste kam nun: ich begegnete einer Frau, so schön, dass die Sterne neben ihr verblassen würden. Und dann sprach sie in einer Stimme, der nur die größten Götter der Liebe gleichkommen könnten. Es war wie ein Zauberwerk, als sie da so frei von allen irdischen Bekleidungen vor mir stand und nur ihr reiner Körper im Licht der Kerzen erstrahlte …“
„Ricardo“, unterbrach Miyako erneut.
„Ja?“
„Wir haben ‚verstanden‘.“
„Ähm ja“, der Küstenstaatler räusperte sich. „Sie hat mir etwas Wichtiges mitgeteilt: sie scheint auf unserer Seite zu sein und bei diesen Verschwörern zu leben!“
„Als Spionen?“
„Als Meisterspionin!“, ereiferte sich Ricardo. „Sie riet mir, mich vor dem Vizekanzler zu warnen. Dieser stellt eine große Gefahr für uns alle dar!“
„Wie hieß diese Frau denn? Womöglich ist sie eine Kontaktperson von Gran Dorwellan!“, fragte ich.
„Ihr Name … ihr Name war … ähm. Ja nun, also. Es war etwas Fremdländisches … also für mich als Küstenstaatler. Vielleicht nicht für euch, aber …“
„Du hast ihn vergessen“, kürzte es Miyako ab. Ricardo wurde etwas rot, widersprach aber nicht.
„Mit dieser Information sollten wir wohl am besten zum Kanzler gehen. Er kann uns hoffentlich etwas über seinen Stellvertreter erzählen und inwiefern er mit dieser Geschichte zusammenhängen könnte“, schlug ich vor.

Die anderen waren einverstanden und so gingen wir durch die dunklen Gassen zurück zum Kai, stiegen in das kleine Ruderboot und fuhren zurück zum abseits gelegenen Schiff.
Gran Dorwellan war noch wach, wahrscheinlich zu aufgewühlt und zu beschäftigt, um in der aktuellen Situation überhaupt noch Schlaf zu finden. Begierig erwartete er unseren Bericht, den Ricardo diesmal etwas weniger ausgeschmückt vorbrachte.
Der Kanzler schien ernsthaft in Sorge, als er zu erklären begann: „Mein Vizekanzler Sadric MacConuilh ist in diese Angelegenheit verwickelt? Das würde einiges erklären … habt ihr seine Begleiter einmal gesehen? Üblicherweise geht er niemals ohne Rochward und Alcion als Geleitschutz auf die Straße. Insbesondere Rochward ist ein grimmiger Geselle, etwas größer als ich.“
Er gab noch ein paar Details mehr, da merkten Miyako und Ricardo auf: „Diesen Mann haben wir verfolgt! Er war erst zu Sherlocks Speer und dann zum Hüpfenden Herzen gegangen.“
„Das erhärtet natürlich den Verdacht gegenüber Sadric“, seufzte Gran Dorwellan.
„Kennt Ihr die Frau, die Ricardo erwähnt hat?“, fragte ich nun.
„Zu meinen Kontakten will ich nicht viel sagen“, wiegelte der Kanzler zu meiner Irritation ab. „Von der Frau weiß ich Nichts.“
„Könnt Ihr uns dann zumindest sagen, ob dieses Versteck dort unten zur ‚Irenfist‘ oder irgendeiner anderen Geheimorganisation gehört? Nur weil sie sich verstecken müssen sie nicht die Hauptverantwortlichen des Komplotts gegen Euch sein.“
„In diesen Konflikt sind mehr Parteien involviert, als ihr euch vorstellen könnt. Verschiedene Mächte sind hier am Werk“, erwiderte der Kanzler.
Ich zögerte einen Moment, dann fragte ich nach: „Das ist nicht sonderlich hilfreich. Wisst Ihr etwas über diese Organisation da unten? Oder wer sie sein könnten?“
„Von dem Versteck wusste ich Nichts.“
Ich seufzte merklich auf, dann bohrte ich weiter: „Ihr spracht von mehreren Kontaktpersonen, die Ihr in der Stadt besitzt. Gibt es unter ihnen jemanden, der etwas wissen könnte? Einen Anhaltspunkt für weitere Nachforschungen, bevor wir wie die Berserker in dieses Versteck stürmen.“
„Über meine Kontaktpersonen will ich nicht sprechen. Sie vertrauen auf meine Verschwiegenheit.“
„Was? Wir sollen in der Stadt für euch gegen diese Verschwörer vorgehen und Ihr vertraut uns nicht?“, begehrte ich auf. Doch Kanzler Gran Dorwellan blieb bei seiner Position und so zogen wir vier uns erst einmal zurück, um etwas Ruhe zu bekommen, bevor wir am nächsten Tag unsere Untersuchungen fortsetzten. Vorher heilte ich noch Ricardo, der von seinem Kampf gegen die „Erzmagiermeister­assassinen“ einige ernsthafte Wunden davongetragen hatte.

Am nächsten Morgen wagten wir uns bereits im Tageslicht nach Corrinis. Von dunklen Gassen aus beschlossen wir die beiden großen Eingänge der Burg zu überwachen, ob wir einen der Verdächtigen ein- oder ausgehen sahen. Miyako indes setzte nun ihren Plan um, als Erainnerin getarnt und mit dem magischen Ring der Warnung zu Malaric in den Tempel zu gehen.
Zunächst warteten Nicola, Ricardo und ich beim großen Burgtor, das innerhalb der Mauern lag. Die Warterei ermüdete die beiden Küstenstaatler, während ich es mehr oder weniger mit Gleichmut nahm. Nichtsdestotrotz war ich froh, als Miyako zurückkam und uns Neuigkeiten brachte.
„Malaric machte auf mich den Eindruck, dass er diese Botschaft bereits erhalten habe. Das machte ihn natürlich extrem skeptisch und der Ring schlug aus, als ich mich zurückzog. Etwas hat ihm nicht geschmeckt und ich bin … nicht ganz unzufrieden mit der Maske – die Tarnung hat gehalten.“
Wenngleich sie sehr froh darum schien, das magische Artefakt vorerst wieder Ricardo übergeben zu können. „Konntest du sonst noch etwas in Erfahrung bringen?“, hakte Nicola nach.
„Leider nicht. Der Priester hat gespürt, dass er vorsichtig sein muss und das war er auch“, erklärte Miyako enttäuscht.
„Was sollen wir nun tun?“, fragte ich nach einer Weile. „Wir wissen, dass da ein unterirdisches Versteck ist und könnten versuchen, es auszuheben.“
„Allerdings sind die großen Drahtzieher Malaric und Sadric derzeit nicht dort unten. Wir brauchen Beweise, die den Priester und den Vizekanzler in direkte Verbindung mit der Verschwörung bringen“, erwiderte Miyako.
„Also weiter beschatten und hoffen, dass sich einer der beiden in Richtung Sherlocks Speer begibt. Dann erwischen wir sie auf ‚frischer Tat‘ im Versteck und sind die Helden von Corrinis“, schloss Ricardo. Am letzten Teil zweifelte ich zwar, aber im Prinzip lief es darauf hinaus.

Nun mussten wir uns jedoch wieder aufteilen: die Burg besaß zwei Ausgänge, außerdem mussten wir ein Auge auf den Tempel haben. Nicola wählte für sich erneut den Beobachtungspunkt beim äußeren Marktplatz, während Ricardo beim inneren Burgtor verblieb. Miyako und ich gingen zum Tempel und suchten uns einen unauffälligen Beobachtungspunkt. Und wieder hieß es abzuwarten.

Schließlich war es Abend, als Miyako und ich sahen, wie Malaric den Tempel verließ. Er hatte sich einen etwas unauffälligeren Mantel über seine grelle Robe mit der aufgezeichneten Sonne geworfen und schickte sich an, die Stadt in Richtung Außenbezirk zu verlassen. Sofort hefteten Miyako und ich uns an seine Fersen. Die KanThai blieb dabei etwas näher an dem Priester, da sie deutlich geübter war, unauffällig mit der Masse zu verschwimmen – und das trotz ihrer hier doch eher ungewöhnlichen Erscheinung. Ich behielt zumindest sie im Blick und wir gingen zunächst durch das Stadttor, dann am Marktplatz vorbei und die Straße hoch, bis zu einem ganz bestimmten Gasthaus: Sherlocks Speer.
Malaric trat ein, während Miyako außen blieb. Ich schloss zu ihr auf und bemerkte, dass sie nicht allein stand: Ricardo tauchte aus seinem Versteck auf!
„Sadric und Rochward sind kurz vorher hier angekommen“, erklärte er. „Ein Treffen der Verschwörer!“
„Dann sollten wir Nicola dazu holen“, schlug ich vor.
„Übernimm du das. Ich werde versuchen, hinein zu schleichen und die drei zu belauschen“, spann Miyako weiter und Ricardo übergab ihr bereits wieder die magische Maske des Kanzlers.

Ich nickte ihnen nur noch zu, während die KanThai gerade ihr neues Gesicht „aufzog“. Dann eilte ich die Straße hinunter bis zum Marktplatz. Dort fand ich recht bald unseren etwas gemütlicheren Magier aus den Küstenstaaten. Mit wenigen Worten berichtete ich von dem Treffen der beiden möglichen Hauptdrahtzieher und wir zwei gingen, diesmal aus Rücksicht etwas behäbigeren Schrittes, zurück zum Gasthaus.
Wo wir recht ratlose Freunde vorfanden.
„Wir waren mittlerweile beide drin und haben versucht die drei zu belauschen: es ist wie verhext“, fluchte Miyako. „Wenn man nah genug an ihnen dran ist, reden sie scheinbar nur noch über das Wetter.“
„Kann es nicht einfach sein, dass sie das tun?“, mutmaßte Nicola.
„Ich dachte an Zauberei“, murmelte Ricardo. „Aber ich weiß nicht, welche Magie das sein könnte.“
„Vielleicht sind sie einfach nur aufmerksam“, grübelte der ältere Magier weiter.

Doch unsere Überlegungen wurden jäh unterbrochen, als sich die drei Albai erhoben und das Gasthaus verließen. Aus einer Seitenstraße beobachteten wir, wie Sadric und Rochward den Weg scheinbar zurück zur Burg antraten – Malaric wählte jedoch einen anderen Pfad. Der Priester ging weiter hinaus, in Richtung des Strands der Stadtinsel.
„Ich sehe mal nach, ob die beiden wirklich zur Burg zurückgehen“, verkündete Nicola und lief dem Adeligen und seinem Schoßhündchen nach. Miyako begann indes dem Tempeloberhaupt zu folgen – und in gebührendem Abstand folgten Ricardo und ich.

Wie es schien, lief Malaric nur einmal um den Häuserblock und näherte sich über eine grüne Wiese dem Hintereingang von Sherlocks Speer. Diese Heimlichtuerei bestätigte unsere Erwartungen und nachdem der Priester durch die Tür verschwunden war, sammelten wir drei uns davor.
„Sollen wir Nicola holen oder ihm direkt folgen?“
„Wer weiß wie viel Zeit wir haben. Ich sage: jetzt oder nie!“, schlug Ricardo vor und legte die Hand ans Florett. Meine Heilkünste hatten ihn wieder vollständig auf Vordermann gebracht und der Sieg über seine zwei „Erzmagiermeisterassassinen“ schien ihn beflügelt zu haben.
„Also dann“, sagte Miyako und öffnete die Tür. Dann übernahm der Küstenstaatler, ging gleich links durch eine Tür und zeigte uns ein nahezu unberührtes Zimmer. Den Geheimmechanismus kannte er bereits und plötzlich klappte das große Bett nach oben … und gab den Blick auf eine Treppe frei.
„Wartet einen Moment“, flüsterte ich. Dann zog ich aus meiner Tasche ein gut vertrautes Stück Eichenrinde hervor. Erst ließ ich dessen hölzerne Kraft auf Ricardo, dann auf mich übergehen – Miyako lehnte den Einsatz von Magie wieder einmal ab. Es musste wohl erst kritisch werden, ehe sie sich auf mich verließ. Doch nun waren wir vorbereitet und rückten in das unterirdische Versteck der Verschwörer vor.

Wir kamen am Ende der Treppe zunächst in einen Korridor, der genauso prunkvoll eingerichtet war, wie Ricardo es beschrieben hatte. Zweifelsohne mussten hier gut betuchte Bürger ihre Ränkespiele verfolgen. Der Gang war leer: von Malaric keine Spur.
„Ich weiß, wo die Schreibstube war! Vielleicht ist er dorthin!“, flüsterte Ricardo und übernahm dann die Führung. Miyako blieb neben ihm und ich folgte hinten drein.
Der Küstenstaatler öffnete zunächst eine Tür, die uns in ein Schlafgemach brachte. An einem Bad vorbei liefen wir weiter und gelangten schließlich in ein gut eingerichtetes Büro. Die Regale standen voller Bücher, deren Einbände mir bereits nicht gefielen und bei deren kurzen Betrachtung Ricardo bereits merklich erblasste. Doch Niemand war hier.
„Verdammt“, fluchte unser frisch gebackener Anführer und wählte sogleich die nächstbeste Tür. Miyako blieb neben ihm, ich folgte.

Dann standen wir plötzlich im Essensraum und vor uns saßen sechs Gestalten an der langen Tafel. Sie nahmen ein unverschämt üppiges Mahl ein, sprangen bei unserem Eindringen allerdings unverwandt auf. Fünf von ihnen waren Männer in dunklen Roben mit derzeit abgesetzten Kapuzen. Diese waren wohl von dem Schlag, mit denen es Ricardo zu tun gehabt hatte. Die sechste Gestalt in der Runde war indes eine Frau von einer für Menschen durchaus beeindruckenden Schönheit – und ein kurzer Blick auf Ricardo genügte, um eine entsprechende Gewissheit zu haben.
„Ich bin gekommen, um dich zu retten!“, rief der junge Narr seiner Angebeteten zu und brachte sie damit in die wohl größte Gefahr, die einer verdeckten Agentin zuteilwerden konnte. Doch die fünf Schergen waren zunächst mit uns beschäftigt und stürmten mit ihren Dolchen auf uns zu.

Binnen weniger Augenblicke wurde klar, dass es sich bei diesen Männern nicht um professionelle Meuchelmörder handelte. Ihre Bewegungen waren langsam und ungeübt sowie die Attacken vorhersehbar. Ihre feigen Pläne lebten sie wohl eher in Gedanken und mithilfe ihres vielen Goldes aus – doch nun, konfrontiert mit einer schwertschwingenden KanThai, einem fechtenden Küstenstaatler mit hölzerner Haut sowie mir, mussten sie sich im direkten Kampf beweisen.
Zwei der fünf hatten es direkt auf mich abgesehen und fluchten wohl laut über meine Ohren – entsprechende, albische Beleidigungen kannte ich mittlerweile durchaus. Die ersten Attacken unterlief ich leichtfüßig, dann stach ich das erste Mal mit der versilberten Klinge meines Stoßspeers zu und schlitzte die Seite eines Angreifers auf. Er brüllte auf, die beiden attackierten mich erneut – ich wehrte beide Schläge kurz nacheinander mit dem Schild in meiner Rechten ab. Es irritierte sie offensichtlich, wie leicht ihre Angriffe zu parieren waren. Und ebenso erstaunt blickte der erste Albai auf die Speerspitze unterhalb seiner Brust, bevor er tot zusammensackte.
Indes hatte das kanthaipanische Schwert von Miyako beinah angefangen zu singen. Das fein gearbeitete Schwert aus dem fernen Osten Midgards hatte mit ihr eine würdige Trägerin gefunden und schien sich dessen bei jedem Kontakt mit fremden Eisen zu freuen. Der Buckler, den die Kämpferin nun zur Verteidigung führte, machte es noch schwieriger denn je, einen Treffer zu landen – die beiden Angreifer scheiterten und bereits der dritte Streich der KanThai landete direkt an der Kehle eines Verschwörers. Gurgelnd brach er in sich zusammen.
Mein zweiter Gegner griff mich nun mit unverhohlenem Hass an und führte seinen Dolch dabei schon fast mehr wie eine Keule denn wie eine Klinge. Zweimal blockte ich die plumpen Angriffe weg, dann setzte ich nach und schlug dem Mann mit aller Kraft den Schild ins Gesicht. Seine Nase brach und er stürzte zu Boden. Mein plötzlicher Ausfall hatte fast mich selbst überrascht, doch ich zögerte nicht und setzte den todbringenden Stoß an.
Kaum eine Sekunde später prallten die Klingen von Miyako und ihres verbliebenen Gegners zusammen, da verzerrte sich der Gesang ihres Schwerts einen Moment lang zu einem Kreischen … doch die Waffe hielt, die KanThai drückte ihren Gegner weg und stach ihm direkt danach ins Herz.
Ricardo hatte dem fünften Gegner mittlerweile ebenfalls übel zugesetzt: eine breite, blutige Spur lag über dessen Gesicht und würde wohl niemals gänzlich verheilen – erst recht nicht, weil Miyako ihn einen Moment später beinah enthauptete.

„Meine Angebetete, meine Teuerste, mein süßester Lichtstrahl!“, eilte Ricardo sogleich zu der Frau, die bis zur Rückwand des Raumes gewichen war. Miyako blickte ihm nach und hob eine Augenbraue, gleichermaßen amüsiert wie auch pikiert, schließlich hatte der Küstenstaatler eigentlich ihr lange Zeit den Hof gemacht. Dann kamen wir jedoch zurück zum Ernst der Lage und ich rief zu der Frau: „Habt Ihr Malaric gesehen?“
„Nein. Geht weiter! Erledigt eure Aufgabe“, antwortete sie, während sie nicht gerade sanft Ricardo wegschob, der sie umarmen wollte.
„Komm mit uns! Ich passe auf dich auf“, schlug der liebestolle Narr vor.
„Nein. Das ist jetzt eure Aufgabe“, wiegelte sie ab und so übernahmen es Miyako und ich, weiterzugehen. Ricardo seufzte noch einmal, dann nahm er mit uns gemeinsam die Verfolgung durch dieses unterirdische Geheimversteck auf.

Wir hasteten an einem Dutzend Wohnräumen vorbei, die sich kaum voneinander unterschieden, bis auf eines, das vollgestopft war mit Waffen und Rüstungen. Doch wir hatten keine Zeit, uns länger aufzuhalten und setzten die Suche nach den restlichen Verschwörern hier fort. Sogar durch eine Küche kamen wir und entdeckten zwei Köche – an denen wir uns jedoch nicht aufhielten und weiter hasteten, bis wir wieder in einem Gang standen.
Und jetzt hatten wir wieder jemanden gefunden und offensichtlich hatten auch sie uns gesucht: einer von ihnen trug eine leichte Lederrüstung und als Waffe ein Kurzschwert, während sein Partner in eine eiserne Plattenrüstung gehüllt war und eine deutlich längere Klinge führte. Das musste wohl eine Art Hauptmann dieser Häscher sein und ihm stellte sich Miyako entgegen, während Ricardo sich dem Partner zuwandte. Dank der Reichweite meiner Waffe konnte ich auch aus der zweiten Reihe agieren.

Zunächst setzte ich jedoch einen kurzen Zauber ein, mit dessen Hilfe ich die Stärke des Fechters etwas erhöhen konnte. Sobald sein Gegner überwunden war, mussten wir uns schließlich mit aller Kraft um den schwer gepanzerten Anführer kümmern.
Doch zunächst bissen wir uns fest. Diese beiden Kämpfer wirkten geübter und fochten durchaus versiert an. Mit ihren Attacken wagten sie sich selten weit raus, sodass es schwer für uns wurde, einen Treffer zu landen – andererseits ließen wir selbst auch nur wenig Blut. Ricardo schien jedoch immer mehr aus dem Takt zu kommen: er traf immer öfter, aber immer irrelevantere Stellen. Ein Florett konnte sich noch so durchbiegen, die Wucht verhallte an der dicksten Stelle der Panzerung beinah wirkungslos. Es misslang dem Fechter, die Schwachstellen seines Gegners zu erwischen, da brachte Miyako ihren Kontrahenten mit einem Trick zu Fall und erledigte den Gepanzerten wie eine auf den Rücken gefallene Schildkröte. Dann hieb sie wie beiläufig in den Rücken des anderen Verschwörers und beendete den Kampf.

Etwas blamiert stand Ricardo da, doch wir hatten keine Zeit für markante Sprüche und zogen schnell weiter. Die letzte Tür, die wir aufzustoßen hatten, öffnete sich zu einem Trainingsraum. Zwei Männer übten sich dort gerade im Ringkampf, weswegen sie wohl sämtlichen Tumult verpasst hatten. Doch kaum, dass sie uns sahen, stand ihnen die Mordlust im Gesicht und sie stürmten auf uns zu: schlecht bewaffnet und ohne Rüstung.
Dem ersten schoss ich mit einem Sturmangriff entgegen – der Stich fuhr ihm tief in die Brust und er knickte ein … gab aber nicht auf, bis Ricardo ihm in den Hals stach. Der andere Ringer wich indes vor Miyako zurück, die ihm bereits seinen linken Arm und die rechte Gesichtshälfte zerfetzt hatte. Ein finaler Ausfall von Ricardo beendete nun dieses Gefecht.

In der gesamten unterirdischen Anlage blieb uns nur noch ein Weg zu gehen: es war ein langer Tunnel, der weit weg zu führen schien. Eine Verbindung zu einem anderen Gasthaus?
Wir spurteten los und merkten bald, dass dieser Gang viel weiter ging, als nur bis zum Hüpfenden Herzen oder einer anderen Schenke in Reichweite von Sherlocks Speer. So liefen wir und liefen, bis wir schließlich zu einer ebenfalls langen und hoch führenden Treppe kamen. Stufe um Stufe, bis wir schließlich eine Geheimtür von innen öffneten …

Und in einem weiteren, wohl eingerichteten Schreib- und Studierzimmer standen. Es musste das Amtszimmer einer hoch angesehenen Persönlichkeit sein, den kostbaren Büchern und Schmuckgegenständen nach zu urteilen.
„Das ist das Büro von Malaric!“, keuchte Miyako. „Der Priester muss wohl hier entlang geflohen sein.“

So rasten wir weiter – nun durch den nachtfinsteren Tempel der albischen Götter bis hinaus auf die Straße und dort … verlor sich jede Spur.
„Vielleicht ist er zur Burg, um gemeinsam mit Sadric zu fliehen“, mutmaßte ich.
„Oder er spielt ein Spiel mit uns und ist bereits wieder auf den Weg in sein Versteck“, warf Ricardo ein.
„Es könnte aber auch sein, dass er am Kai ein Boot nimmt und direkt verschwindet“, schloss Miyako den Reigen der Möglichkeiten ab.
„Die Burg liegt am nächsten, dann der Kai – und dann gehen wir zurück“, versuchte ich alles in Einklang zu bringen und die anderen nickten.
Langsam ging uns der Atem aus, aber wir liefen noch so schnell wir konnten die ersten beiden Stationen ab, fanden aber weder auf dem Weg zur Burg noch beim Hafen ließ sich eine so auffällige Gestalt wie Malaric sehen. Also gingen wir zurück zu „Sherlocks Speer“ und wieder in das unterirdische Reich der Verschwörer.

Zuerst gingen wir wieder in das Schreibzimmer, in dem wir dutzende Briefe sowie schwarzmagische Bücher fanden. Erstere steckten wir ein, Letztere ließen wir vorerst hier. Der Kanzler würde sie später mit der Stadtwache sichern und hoffentlich zerstören können.         Bei den wohl verräterischen Briefen wollten wir sichergehen, dass sie nicht verlorengingen.
Bei der weiteren Erkundung entdeckten wir eine Geheimtür, ironischerweise versteckt in einer kleinen Seitennische, die für ein paar Besen reserviert war. Diese schwang auf und sogleich verloren wir das Vertrauen in unsere Augen: ein gewaltiger Berg aus Gold und Schmuck türmte sich vor uns auf. Und nicht nur das. Ein weiteres Geheimversteck offenbarte meisterlich gefertigte Waffen, darunter mehrere Schwerter. Zunächst wandte ich die beiden Wünschelruten in meinem Besitz an und stellte fest, dass der Goldhort weder Illusion noch verzaubert also möglicherweise verflucht war. Dann stellten wir fest, dass einige der Klingen magisch waren. Verblüfft über diesen überwältigenden Fund verharrten wir einen Moment. Die Verschwörung gegen den Kanzler Gran Dorwellan kam aus Kreisen, die einen schon absurd zu nennenden Reichtum besaßen.
„Wir sollten das hier wegbringen. Wer weiß, wie lange es dauert, bis die Wachen kommen. Möglicherweise … kommen einige Verschwörer hierher zurück und … wollen sich mit dem Reichtum absetzen.“
„Zumindest den Wohnräumen hier unten nach zu urteilen, haben wir die meisten erwischt“, schätzte Miyako. „Aber ja, wir sollten den Schatz hier wegbringen.“

Und so begannen wir zu schleppen – Kisten- und säckeweise trugen wir den Reichtum aus dem unterirdischen Versteck und lagerten ihn ein: in jenem Zimmer, das Ricardo zur Tarnung in Sherlocks Speer angemietet hatte, als er Rochward nachgegangen war.  Zuletzt bargen wir die Waffen und trennten somit möglicherweise verbliebene Verschwörer von ihrem wertvollsten Besitz.
Dann wurde es jedoch Zeit und wir kehrten mithilfe unseres Ruderboots zurück zu Kanzler Gran Dorwellan. Bereits am Kai erwartete uns Nicola Santoro, der nach seiner Beschattung von Sadric und Rochward beschlossen hatte, dass er hier die besten Möglichkeiten hatte, uns wiederzufinden.

Die rechte Hand des Barons blickte voller Neugier auf, als wir seine Kajüte betraten.
„Was gibt es Neues aus der Stadt?“
„Wir haben das unterirdische Versteck ausgehoben – die Verschwörer darin haben wir überwunden. Dort unten befindet sich allerdings noch eine Bibliothek voller schwarzmagischer Bücher“, fasste Miyako knapp zusammen.
„Und Malaric? Was ist mit dem Vizekanzler?“
„Es steht zu befürchten, dass der Priester bereits geflohen ist. Seine Verbindung mit der Verschwörung ist aber unzweifelhaft: direkt aus seinem Zimmer im Tempel führt ein Geheimgang zu ihrem Versteck. Aber wenn wir jetzt schnell agieren, könnte es noch gelingen, den Vizekanzler und seine Leibwächter zu erwischen.“
„Ich werde sofort Wachhauptmann Sengard informieren, er soll die beiden gefangen nehmen. Habt ihr Beweise für seine Mittäterschaft?“
„Wir fanden eine Reihe von Briefen dort unten. Die albische Schrift ist uns allerdings leider nicht ausreichend geläufig …“, und während Miyako sprach legte sie die entsprechenden Papiere auf den Tisch. Gran Dorwellan überflog sie rasch, wobei sich seine Miene verfinsterte.
„Das reicht aus, um ihn zu überführen.“
„Ich denke also: wir haben unsere Sache ganz gut gemacht“, grinste Nicola.
Der Kanzler nickte. „Und das soll euer Schaden nicht sein. Ruht euch jetzt aus, diese Nacht wird die corrinische Führung Recht und Ordnung wieder herstellen. Morgen werdet ihr entlohnt, wie ihr es verdient. Nur … meine Maske hätte ich gerne bereits zurück.“
Ricardo blickte einen Moment lang in eine Ecke des Raumes, ehe ihm anhaltendes Schweigen deutlich machte, dass er sich nicht taub stellen konnte. Widerwillig rückte er das mächtige und zugleich sehr gefährliche Artefakt heraus. Der Kanzler nickte und ging in bekannter Verkleidung an Deck, um die nächsten Schritte zu machen. Indes zogen wir vier uns zurück und ich versorgte die Wunden meiner Begleiter, soweit es möglich und nötig war. Zwar hatte sich Ricardo erneut einige Wunden zugezogen, doch sein Körper gab derzeit nicht genug Kraft her, um eine weitere Heilung zu beschleunigen. Anders lag die Sache bei Miyako und wieder einmal staunte ich darüber, wie gut ihr Körper auf die Energien der Natur ansprach. Ich schmunzelte, dass ausgerechnet jene, die sich versuchte gegen jegliche Magie zu sträuben, für selbige so empfänglich war.

Der nächste Morgen vertrieb die Regenwolken über Corrinis und das nicht nur sprichwörtlich. In einer Flut an Ereignissen erfuhren wir, dass der Vizekanzler gefangen genommen wurde, seine Schergen aber geflohen waren. Die verbotenen Bücher im unterirdischen Versteck waren sichergestellt worden, allerdings fehlte weiterhin jegliche Spur des Priesters Malaric. Doch das Schlimmste war definitiv überstanden und Kanzler Gran Dorwellan konnte nun wieder offiziell seinen Posten antreten. Die Entlohnung für uns fiel aus, wie vereinbart: eintausend Gold für jeden sowie eine Ehrenbürgerschaft in Corrinis. Auch der magische Ring, der vor sich nähernden Mordgedanken warnte, wurde uns überlassen.
Im Gasthaus „Goldener Löwe“ fanden wir eine Bleibe für die nächsten Tage und Wochen. Wir verlagerten unter Zuhilfenahme eines Karrens den gesamten Reichtum aus dem unterirdischen Versteck – der uns offiziell zugebilligt wurde, da alle ursprünglichen Besitzer entweder geächtet, gefangen oder tot waren.

So verblieb die Frage, was wir mit all dem Gold anfangen sollten – und es war jener Moment, an dem Ricardo hervortrat, uns drei anblickte und mit fester Entschlossenheit sagte: „Wir kaufen ein Schiff!“

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